Auf meinen beiden Oberarmen sind noch Narben sichtbar. Sie stören mich nicht, sie sind auch nicht besonders auffällig, sie sind bloß die Zeugen einiger Impfungen, welche ich als Kind bekommen habe: gegen Tetanus, Keuchhusten, Polio, Röteln und vor allem gegen die gefährliche und damals gleichzeitig berüchtigte Infektionskrankheit – gegen die Variola vera, die Pocken. Sie war so bekannt, dass sogar ein gleichnamiger Film darüber gedreht und mit großem Erfolg in Ex-Jugoslawien im Jahr 1982 gezeigt wurde, zehn Jahre nach dem Ausbruch der Epidemie in Belgrad im März 1972. „Genauso wie sie plötzlich ausbricht, beginnt die Epidemie fast immer ohne Ankündigung oder Logik nachzulassen“, sagt der deutsche Gastschauspieler Peter Carsten im Film. Bevor das jedoch passiert, sind wir alle auf die Impfung, als einzigen sicheren Ausweg aus der Gefahr uns mit dem Coronavirus anzustecken, angewiesen. Das Problem ist bekannt: es gibt nicht genügend Impfungen. Das gilt aber nicht für ganz Europa. Auf dem Belgrader Messegelände herrschte am Wochenende reges Treiben, was auch auf Kritik stieß: es sind nicht nur die Serben, die sich impfen lassen, es kommen auch Menschen aus den Nachbarländern, vor allem aus Bosnien und Herzegowina, Nordmazedonien, Montenegro und sogar aus Albanien. Es ist nämlich möglich, sich als Ausländer für die Impfung anzumelden. Der Serbische Journalistenverband hat für etwa 100 mazedonische Kollegen Impfungen in Vranje, eine Stadt im Südosten Serbiens, organisiert. Darüber haben die mazedonischen Medien mit Lob und Begeisterung berichtet. Ob es sich beim serbischen Weg, für jeden einzelnen Bürger zügig Impfungen zu besorgen (Impfstoff frei wählbar), um Erfahrungen aus der Vergangenheit handelt oder die Motive andere waren, ist in dieser Situation zweitrangig. Es geht um Gesundheit und das Leben von Menschen und jeder einzelne ist einzigartig und unersetzbar. Es geht ausschließlich darum, möglichst viele zu retten, deswegen ist das ganze Chaos in der Bekämpfung der Pandemie in Europa schlicht und einfach unfassbar.